Was ist Kyudo

Mit dem typisch scharfen Klang durchstößt der Pfeil das Papier der Zielscheibe, das auf einem Holzrahmen wie auf einer Trommel aufgespannt ist. Der beinahe schnurgerade Flug des Pfeils über 28m ist das Ergebnis sich gegenseitig ergänzender Präzision und Kraft. Der Schütze hat in den letzten Tagen, Wochen, Monaten kaum Schwankungen in seiner Form gezeigt.

Vor Erreichen solcher Fertigkeit steht ein ausdauerndes und gewissenhaftes Üben. Die Anweisungen über die Handhabung des Bogens und den Ablauf des Schießens wurden fortschreitend vertieft und verinnerlicht. Dabei wird auch die Persönlichkeit gefordert und geformt. Die Angelpunkte in der Beherrschung des YUMI, des in seiner Asymmetrie unverwechselbaren japanischen Bogens, sind die Arbeit der (linken) Bogenhand und die Kraftsteigerung zum und über den Abschuss hinaus.

In den Grundzügen werden diese Techniken vom Anfänger von der ersten Stunde an geübt. Unterrichtet wird von fortgeschrittenen Schützen in den Vereinen und auf Lehrgängen von japanischen Lehrern. Diese führen eine Tradition des Bogenschiessens weiter, welche die Wechselfälle der Geschichte seit ihrer Entstehung vor etwa einem halben Jahrtausend zur Zeit der “Streitenden Reiche” in den wesentlichen Punkten unbeschadet überstanden hat. KYU-JITSU (Kunst des Bogens) war eine der Hauptdisziplinen der Samurai. Im 20. Jahrhundert wurde diese Bezeichnung von einem Begriff abgelöst, der seine Wurzeln allerdings in der Frühzeit des langen Friedens nach 1600 hat: KYU-DO, der Weg des Bogens.

„Die Kunst des Bogenschießens ist es, die Früchte zu ernten,
die aus dem Können des Bogenschießens und aus seinem Geist erwachsen.
Wer mit dem Bogen richtig übt, wird auch im Geiste Fortschritte machen.
Über das Einüben der Kunst des Bogenschießens wird es erst möglich,
auf den Weg des Bogens zu kommen. „

(Zitat Prof.Genshiro Inagaki aus „Yumi no Kokoro“)